Volkstrauertag
Bei Regenschauern und leicht böigem Wind fand Sprötzes Veranstaltung zum Volkstrauertag am Ehrenmal vor dem Ortschaftsgebäude in der Niedersachsenstraße statt.
Die Feuerwehr sorgt für die Sicherheit der Teilnehmer.
Rund 17 interessierte Sprötzerinnen und Sprötzer strömten zum Veranstaltungsort um dem Aufmarsch der etwa ebenso vielen Schützen des Schützenvereins Sprötze-Kakenstorf beizuwohnen.
Musikalisch wurde der Festakt von der Blaskapelle des Schützenvereines umrahmt.
Der Ortsbürgermeister Gerd Ulrich hielt folgende Ansprache: ---> Download als *.pdf
Liebe Anwesenden,
als ich vor zwei Jahren hier zu Ihnen sprach, meinte ich noch, dass die Erinnerung an Krieg, Vertreibung und Flucht durch den Generationenwechsel so langsam aus dem Gedächtnis unserer Mitbürger verschwände, wir uns also den Überlieferungen unserer Eltern und Großeltern besondere Aufmerksamkeit schenken müssten.
Hier habe ich nicht ansatzweise weit genug gedacht.
Zeigen uns doch 10-tausende von Flüchtlingen (manche sprechen sogar von Lawinen) sehr offensichtlich, dass Krieg und Vertreibung immer noch an der Tagesordnung sind;
wenn auch nicht in so globalem Umfang wie in den Zeiten des 2. Weltkriegs, dessen Ende sich 2015 zum 70. mal jährte.
Oooch... ich kann das mit den Flüchtlingen schon nicht mehr hören...
Solche Worte tauchen inzwischen schon mal auf und auch Äußerungen von Wutbürgern sind zu vernehmen.
Klar, wir bekommen auch nichts geschenkt.
Auch ich ärger mich über die Erhöhung der Grundsteuer B,
Erhöhung von Krankenkassenzusatzbeiträgen nur für die Arbeitnehmer,
Riesige Summen für Fußballspieler rausgeschmissen und von Rundfunkgebühren bezahlt
Über Automobilvorstände die 16 Mio im Jahr kassieren, und wenn ihre Betrügereien auffliegen natürlich 1000e Arbeiter vor die Tür gesetzt werden müssen.
Aber was hat das alles mit den Flüchtlingen zu tun?
Richtig: Überhaupt... gar ...nichts.
Achten Sie aber mal drauf, mit wie wenigen, oder mit welch aberwitzigen Argumenten die bei uns herrschenden Ungerechtigkeiten den ärmstender Armen,
nämlich den bei uns Schutz suchenden Flüchtingen, in die Schuhe geschoben werden.
Und überlegen Sie gleichzeitig, unter welchen Umständen unsere Vorfahren, besonders hier in Sprötze „achter de Bahn“, siedelten.
Heute macht niemand mehr Unterschied zwischen Einheimischen und damaligen Flüchtlingskindern.
Und so kann ich nur appellieren, dass wir alle, in Erinnerung an Flucht und Vertreibung unser Vorfahren, nicht den Parolen der ewig gestrigen verfallen sondern die Zusammenhänge kritisch analysieren.
Wenn wir nämlich vorschnell die falschen für etwas verantwortlich machen, entgeht uns die Chance auf wirkliche Besserung.
Denken Sie sich z.B. den Kinderschänder.
Wenn wir hier den falschen verurteilen, wird uns der wirkliche Verbrecher weiterhin verfolgen.
Geben wir also den falschen Leuten die Schuld an irgendwelchen Missständen, werden wir diese nie beseitigen können.
Warum aber müssen ausgerechnet wir so viele Flüchtlinge aufnehmen?
Weil wir – ganz einfach - auch kräftig am Krieg verdienen.
Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Da müssen wir uns nicht wundern, dass mit diesen Waffen auch mal Krieg geführt wird und Menschen vertrieben werden.
Und lassen die jüngsten Ereignisse in Paris nicht unsere Flüchtlingsproblematik als nahezu nebensächlich erscheinen?
Da werden mitten in einer europäischen Hauptstadt ca. 130 Menschen ermordet.
Terrorismus fällt in den meisten Europäischen Ländern recht leicht: Haben doch die Staaten ihre Bürger entwaffnet, sind gleichzeitig aber nicht in der Lage, Leben und Gesundheit des Einzelnen zu schützen.
Fanatiker nutzen das aus und können zunächst nahezu ungestört in der Weltgeschichte rumballern.
Und das...
was man in unsere aufgeklärten Welt kaum glauben kann...
… aus angeblich religiösen Gründen.
Dass sich die Christliche Kirche nicht gerade mit Ruhm bekleckerte als sie um 1100 ihre Kreuzritter meuchelnd und brandschatzend in den Orient schickte, ist Geschichte.
Abgehakt
Aber genau so wie wir die großen Weltkriege als Mahnmal für mehr Frieden in Erinnerung behalten, sollten die Kreuzzüge als Beispiel für sinnloses Morden und Leid durch Fanatiker, die Sinnlosigkeit religiös bedingter Gewalttaten dokumentieren.
Nur aufgrund des Glaubens an ein irgendgeartetes imaginäres Paradies nach dem Leben, dürfen wir nicht vergessen, im tatsächlichen Leben unseren Mitmenschen den gleichen Respekt entgegen zu bringen, wie wir ihn uns gegenüber erwarten
Völlig unabhängig von Hautfarbe, Rasse Herkunft und erst recht von irgendeinem Glauben, mag er uns auch noch so kurios erscheinen.
Die wahren Feinde in unserem Leben stellen nämlich nicht okkulte Umtriebe dar, sondern wie vor tausenden Jahren schon ganz einfach der Hunger.
In Reden zu Volkstrauertagen wird gern auf die unzähligen Toten des zweiten Weltkriegs hingewiesen.
Nach einiger Rechenakrobatik kommt man dabei auf steril wirkende Zahlen
17 Tote pro Minute
alle 3 Sekunden ein Toter.
Grauenhafte Vorstellung.
Gedenken wir einmal 3 Sekunden nur eines Toten
…
…
…
Aber dieses dauernde Umkommen geht bis heute so weiter.
Keine Vier Sekunden
..
…
...
Keine Vier Sekunden dauert es, bis der nächste Mensch an Hunger gestorben ist.
24.000 Hungertote pro Tag beklagt die FAO
Eine ähnlich hohe Sterbensrate wie währen des zweiten Weltkrieges.
Ist es ein Wunder, dass Menschen aus bitterarmen Regionen nur mit ein paar Klamotten auf dem Leib ihre Heimat verlassen?
Einfach um zu Überleben?
Bloß was können wir daran ändern?
Ich weiß es nicht, mir fällt z.B nur auf, dass mein billiger Leder Schuh aus Indien dazu führt, dass Billig-Gerbereien mit ihrem Abwasser die Gräben vergiften, an denen dann kein Ackerbau mehr möglich ist.
Hab ich da nicht auch eine Mitschuld?
Sie sehen, dass die heutigen Fragen zu Unrecht, Krieg und Vertreibung viel zu kompliziert geworden sind, als dass sie sich bei Volksreden plausibel erklären lassen.
So lege ich einfach diesen Kranz hier nieder in Gedenken an die Opfer der Weltkriege, aber auch an die Opfer des weltweiten Terrorismus und des Hungers in der Welt.